Zwei der wenigen Veranstaltungen welche 2020 stattfinden sollten bescherten unserer noch kleinen Abteilung ein fantastisches Wettkampfwochenende!
Antonia startete am Samstag den 5.9. mit ihrer Schwester und abteilungsinternen Physiotherapeutin Cecilia in die Berge. Antonia auf der 22km Distanz, Cecilia bezwang die höhenmetereichen 15km. Für Beide war es der 1. Wettkampf nach langer Zeit und sollte vor allem dem Spaß und Entdeckung einer neuen Region dienen. Beide Strecken führten gleich zu Beginn ordentlich bergauf, die Bezeichnung „Berglauf“ machte seinem Namen alle Ehre. Es folgten mystische Ausblicke zum Kyffhäuserdenkmal und auf der 22km Strecke der berühmt berüchtigte Lauf über den Flugplatz Odisleben. Auf diesem Abschnitt soll wohl immer Gegenwind herrschen, bei gleichzeitig positiven Höhenmetern und so war es auch, ein wahrer Kampf gegen den inneren Schweinehund. Antonia bemerkte auf den letzten Kilometern, dass es vielleicht doch nicht schlecht gewesen wäre ein paar Kohlenhydrate unterwegs aufzunehmen, denn der Bauch knurrte und die Kraft schwand. Dennoch erreichte sie „überraschend“ als 2. Frau das Ziel, dort wartete schon Cecilia, die (wie so oft) 4. in der Altersklasse wurde und auch sehr zufrieden mit ihrem Ergebnis war. Zur Siegerehrung war dann auch Hagen da, der die Mädels einsammelte und schon vorgewarnt wurde, dass es doch schön wäre im nächsten Jahr als Vorbereitung auf den Rennsteiglauf erneut zu starten.
Der natürlich völlig uneigennützig als Support und Abholservice angereiste Hagen sackt die beiden Bergläuferinnen ein, mit den Rädern auf der Kupplung schlängeln wir über das Kyffhäuser nach Quedlinburg, genauer in unsere Basis ins Kloster Hedersleben. Dort warten auch schon Adrian und Jana: „ich hab Adrian zuvor erst einmal so nervös erlebt“. Nach Einrichtung des Lagers fährt Jana als „Iron-Wife“ unsere beiden Starter Richtung Hölle. Den Namen hat Jana sich selber zuzuschreiben, nachdem sie diesen auf einem T-Shirt einer anderen Begleitung gelesen hat und sich darüber amüsierte… ein gefundenes Fressen für Adrian und Hagen Jana zu stenkern, obwohl sie das Gegenteil verdient hat bei ihrer tollen Unterstützung. Antonia und Cecilia lecken die Wunden des Kyffhäusers und richten unser Basislager weiter ein. Gut, dass Jana mitgekommen ist zum Unterlagen abholen, es reichen kaum ihre zwei Hände um zu beruhigen, zu koordinieren und alles Vergessene einzusammeln und hinterherzutragen. Für Adrian ist es die zweite Mitteldistanz, für Hagen die erste. Den Zwischenschritt einer Olympischen Distanz haben sich beide (unfreiwillig) gespart. Die Startunterlagen sind schnell beschafft, das Rad zusammengebaut und letzte Einstellungen getroffen. Am Morgen hatte Adrian bereits Gele angerührt nachdem diese in verschieden Varianten bereits auf die Verträglichkeit getestet wurden. Gewonnen hatte ein veganes Maltodextrose/Fructose 3:1 Gemisch. Für Hagen in Traube und Adrian in Maracuja*. Das benötigte Material ist übersichtlich und der Wechselgarten 1fix3 eingerichtet.

Vorsichtig wird das geflutete Kieswerk beäugt, mystisch sieht es aus am Abend. Die Bojen werden gerade am Rand aufgeblasen und mit Motorbooten auf dem See platziert. Der Puls steigt, wir brechen die Begehung rasch ab, geben unsere Zielbeutel noch bei den LKWs ab und fahren fix in unser Lager wo uns die Pasta-Party und die heilenden Hände von Cecilia erwarten. Hagen bangt, der Ansatz der Achillessehne ziept immer noch und verlangt nach allem außer einem Halbmarathon.
Start ist in Ditfurt, 2 km Schwimmen als 1 Runde durch das geflutete Kieswerk.

Start ist 6:35 Uhr, Jana fährt die beiden zappeligen Teufel zum Eingangstor der Hölle. Wir sind 5:45 Uhr da. Hier ist es nicht direkt wie man sich die Hölle vorstellt, es ist zwar dunkel, aber saukalt und nass. Keiner will in das Wasser. Und gruselig ist es mit dem Nebel. Jana passt noch auf, dass im Wechselgarten alles am richtigen Platz ist, dann sind die Zwei auf sich allein gestellt. Der Neo wärmt zwar den Körper, die Füße spüren wir aber schon seit einer halben Stunde nicht mehr.

Mit Masken gruppieren sich alle Athleten in selbst gewählte Startblöcke, je nach geplanter Schwimmzeit. Schwierig, Hagen ist noch nie zuvor soweit am Stück geschwommen und stellt sich weiter nach hinten, in den 40 Minuten Block. Adrian, als deutlich besserer Schwimmer, in den 34 Minuten Block. Der Start wird in Wellen von jeweils 4 Athleten, die alle 5 Sekunden ins Wasser gelassen werden organisiert. Das ganze Jahr hat Adrian geduldig das Schwimmen mit Hagen geübt, den Atemrhythmus, nicht unter gehen, wenn doch, dann schnell wieder hochkommen. Da war das Wasser aber immer warm. Und glatt. Jetzt ist es aufgewühlt und Hagen bleibt direkt die Luft weg, es geht im modifizierten Zweierrhytmus in Richtung der ersten Boje, Adrian krault ruhig im Dreier gegen die Kälte an. Aber auch er hat zu kämpfen, der alte Neo liegt nicht fest an, jeder Zug bringt frisches, eiskaltes Wasser an die Haut.
Die Sicht ist auf dem Hinweg durch den Nebel schlecht, die Bojen kaum zu erahnen. Dafür sieht man auf dem Rückweg gar nix mehr. Die Sonne geht gerade auf und reflektiert sich im Nebel zu einer grell-weißen Nebelwand, die alle Bojen und Helfer verschluckt. Jeder schwimmt einen vermeintlich gut orientierten Schwimmer hinterher. Ab und zu trifft man sich in Gruppen und diskutiert, ob es hier schon zur 90° Kurve ansetzt oder doch weiter gerade geht. Dann erspäht man wieder Schwimmer gute 50 m näher am Ufer schwimmend. Adrian kommt nach 36 Minuten aus dem Wasser. Neo aus und im nassen Tri-Suit aufs Rad? No excuses? Nee, dies haben beide schon vorher in anbetracht der Kälte abgelehnt. Alles wird fein trocken gerubbelt, jetzt schlüpft es sich wie von selbst in die Radklamotten… von wegen. Die sind Tau-nass und kleben so gut, dass selbst „UHU“ noch größere Augen bekäme. Hagen braucht mit über 5 Minuten sogar noch länger beim Wechsel, macht aber gerade nix, denn der platzt grad vor Freude das Schwimmen in 40 Minuten hinter sich gebracht zu haben.
Es geht aufs Rad. Adrian fährt sofort zügig los, die langen Geraden am Anfang der Strecke liegen ihm gut. Hagen hat sich hingegen beim Schwimmen schon grenzwertig verausgabt und fährt fast direkt in den Graben, zum Glück ohne Sturz. Der Wind kommt abwechselnd von der Seite oder von Vorne, für Hagen geht’s schleppend voran, Adrian duckt sich ab und tritt ins Pedal. Im ersten Ort kommt die erste scharfe Kurve über Pflaster nach Roubaix, zu spät merkt Adrian dass das Klappern nicht nur vom Rad, sondern auch von der verlorenen Flasche mit dem selbstgemischten Gel kam. Ein paar Zusatzriegel und Milchbrötchen die im Mund immer größer werden müssen nun ausreichen.

Ab Wienrode geht’s hoch in den Harz, endlich fühlt sich Hagen wohl und kassiert nun jede Menge Konkurrenten ein. Nun geht’s runter über die Rosstrappe, berüchtigt durch die raue Oberfläche. Adrian und Hagen sind vorbereitet, wurden sie doch zwei Wochen zuvor bei der Testfahrt durchgerüttelt.

Warum so berüchtigt? Naja, Hagens Werkzeug hielt dem 1-Minütigen Schütteltest kopfüber in der Box stand, aber keine 30 Sekunden wilder Wettkampfabfahrt, dann flog es in den Graben. Geiz oder Zeit? Anhalten, oder Riskieren später durch fehlende Möglichkeit der Reparatur durch technischen Defekt auszuscheiden? Vollbremsung, klick klick klick rennt Hagen die letzten 200 m den Berg wieder hoch und sammelt das Werkzeug ein. Dem Frust sei Dank sind die 4 Konkurrenten, welche in der Zeit vorbeifahren, vor Ende der Abfahrt wieder gestellt. Durch Thale geht’s nun das erste Mal und zur Überraschung sind noch Steffi und Andre gekommen, und brüllen und jubeln die Beiden Richtung Hexentanzplatz.
Insgesamt warten 1400 hm auf der Radstrecke, der Hexentanzplatz muss 2-mal angefahren werden bevor es wieder steil kurvig nach Thale abwärts geht. Adrian kann am Hexentanzplatz etwas auftanken und hält sich weiter vor Hagen, doch dieser liebt die Auf- und Abfahrten und schleicht sich langsam heran. Abwärts ist in steilen Kurven Fahrtechnik gefragt. Da die Gegenfahrbahn zum Hochfahren gebraucht wird, kann so mancher mittig fahrender Kurvenparker unsere beiden Pass-Erprobten zur Weißglut bringen. Vor allem Hagen, er hasst es ausgebremst zu werden. Ohne weitere Verluste oder Pannen rollt Adrian 2:30 Minuten vor Hagen in die zweite Wechselzone unter Jubel von Antonia, Cecilia und Jana in Thale ein.
Der Wechsel ist etwas chaotisch, Hagens Platz besetzt, die Kiste steht mitten in der Wechselzone allen im Weg, hektisch schreien sich die verirrten Staffelläufer und Einweiser an. So gut das Rad rollte, so schwerfällig fühlt sich Adrian beim Start auf die Laufstrecke, Gott was ist denn mit dem Asphalt? Zum Glück hat Adrian in der Wechselzone noch ein Gel und ein paar Snacks deponiert, der Blutzucker ist gefühlt schon nicht mehr messbar. Hagens Blackroll wird wohl auch nicht zum Einsatz kommen und es geht bei ihm mit krampfendem unterem Rücken und Oberschenkeln auf die Laufstrecke.
Wo Adrian im Wasser performt, läuft es bei Hagen an Land besser, sodass er Adrian nach wenigen Laufkilometern aufläuft. Nach kurzem Check, ob es dem Kollegen, Freund, Trainings- und Vereinspartner gut geht, übernimmt Hagen die Führung. Spät aus dem Wasser zu kommen hat den Vorteil, das Feld von hinten aufzuräumen, sodass Hagen kein einziges Mal nach dem Schwimmen überholt wird und daher viel Euphorie im Gepäck hat. Auch die Sehne des Achilles hält, Cecilia sei Dank. Die Krämpfe sind nach 7 km Geschichte und es geht idyllisch am Rande des Harzes, über die Teufelsmauer und noch einmal an unserem Fanclub vorbei.


Adrian kämpft sich wacker durch, der Hammer ist jedoch gefallen und jeder Schritt schwer wie Blei. Motivierende Rufe während des Radfahrens mit: „das sieht gut aus“ ändern sich nun in „die letzten 10 km schaffst du auch noch“. Während auf der Radstrecke nur eine einzige Versorgungsstelle für Erfrischung sorgte, gibt es auf der Laufstrecke deutlich mehr Freuden für die Kehle. Ziel ist in Quedlinburg, der letzte (teuflische)Anstieg, noch einmal übers Pflaster steil hinauf zur Schlossburg, schmerzt. Durch die engen Gassen schlängelt sich der letzte lange Kilometer bis zum Ziel auf dem Markt, welches Hagen als gesamt 50er nach 5:15:41 überschreitet. Geschafft, im wahrsten Sinne. (Swim: 0:41:14, Trans 1: 0:05:01, Bike: 2:53:03, Trans 2: 0:01:17, Run: 1:35:02)
Adrian kommt als gesamt 90er nach 5:42:10 ins Ziel unter dem Jubel unseres nun vereinten Fanclubs. (Swim: 0:36:43, Trans 1: 0:04:36, Bike: 2:57:48, Trans 2: 0:01:54, Run: 2:01:07)
Als Hagen sich nochmal in die „Chill-Out-Zone“ einschleust, sitzt Adrian halb ausgezogen auf der Wiese, die Kraft reicht kaum fürs Anheben vom Radler, geschweige denn zu solch harten Aufgaben wie umziehen. Einmal hingesetzt… wer kennt es nicht. Nach ein paar Minuten geht’s wieder und zwei breit grinsende Gesichtern werden vom Fanclub empfangen. Anschließend fahren wir zu Kaffee und Schnitzel in unser Basislager, bevor die Räder aus der Wechselzone geborgen werden.
Ein gelungenes Wochenende mit vielen bleibenden Erinnerungen!
*Modifiziertes Rezept nach https://racepace.org/qualigel