Abenteuer WM Belgien – Episode 2

Wir starten durch

Es ist Freitagmorgen gegen 07:00 Uhr, alles schläft noch, nur die Security vom Veranstalter nicht. „Good Morning“ hallt es durch die Zelte hindurch. Ferry ist der Erste, der es schafft, den Kopf aus seinem Zelt zu strecken. Ein freundlicher, aber auch bestimmender junger Mann, ungefähr Ende 50, bringt ihm schonend bei, dass hier wildes Campen nicht erlaubt ist. Shu, total zerknittert, ist der nächste in der Runde und erklärt in perfektem, weimarschen Englisch, dass wir dies nicht wussten und unsere Zelte bis Nachmittag abbauen würden. Was nun? Sollten Shu und Ferry die nächsten 2 Tage im Freien übernachten und womöglich mit Waldbewohnern Bekanntschaft machen? Bei diesem Gedanken wurde den zwei Ordnungssündern ganz flau im Magen. Doch hatten wir zum Glück noch Karl und Felix, die zu zweit ein 8-Mann-Quartier bezogen hatten und die zwei Zeltjunkies herzlichst aufnahmen. Ein großes Dankeschön nochmal dafür !

Währenddessen bereiteten die anderen Schlafmützen das gemeinsame Frühstück vor, außer Alex, der um genau um 08:05 Uhr nichts besseres zu tun hatte als allen seine indonesischen Seilkünste vorzuführen. Scholli, unser sportlicher Leiter, gab danach für Frankie Junior, Karl, Alex, Felix, Frank und Shu zum heutigen 3-Kilometer-Hindernislauf die Startzeiten heraus. Hier der Blick auf die Strecke:

Yves und Maria fuhren nach dem Frühstück zum gemeinsamen Duschen in die 8-Personen-Unterkunft, denn Yves hatte erst am nächsten Tag seinen großen Auftritt und wollte sich darauf perfekt vorbereiten. Alte Weisheiten belegen, dass das verführerische Miteinander extra Kräfte freisetzen soll, welches sich in diesem speziellen Fall sogar bewahrheiten sollte.

Nun kommen wir zu den wichtigsten Dingen an diesen 5 Tagen – den Wettkämpfen.

Als Erster ging um 11:05 Uhr Karl (AK 40-44) an den Start. Es wurde in 10er Blöcken gestartet. Karl ließ sich in seinem Feld etwas zurück fallen. Sein Ziel war es, mit wenigstens einem Bändchen ins Ziel zu kommen. Die Zeit spielte für ihn nur eine untergeordnete Rolle. Das 1. Hindernis war eine riesige Halfpipe, die von den meisten nur mit der Hilfe eines Seiles bewältigt werden konnte. Es folgte ein großes Kletternetz und ein Element zum Hangeln.

Eisenketten wurden getragen, Holzwände überwunden, unzählige Hindernisse mit verschiedenen Schwierigkeitsgrad bewältigt. Wenn man dies alles zusammennimmt, kann man sich ungefähr vorstellen wie kräftezehrend dies am Ende für jeden Athleten war. Viele der Teilnehmer schafften es nicht, die 3 Bänder, welche man anfangs mit sich am Arm trug, ins Ziel zu retten. Bei jedem Hindernis gab es mehrere Marschalls, die genau aufpassten, dass die Vorgaben an dem jeweiligen Hindernis erfüllt wurden. War dies nicht der Fall, verlor man ein Bändchen. Schaffte man es nach dem letzten Hindernis, noch ein Bändchen am Arm zu tragen, musste pro verlorenem Bändchen jeweils eine Strafrunde „100 Meter Bierfass rollen“ bewältigt werden. Im Minutentakt starteten jetzt auch Alex (AK 40-44) 11:10 Uhr, Felix (AK 40-44) 11:14 Uhr und Frank (AK45-49) 11:32 Uhr. Alex, der sich wie in so vielen Rennen die man von ihm erlebt hat, die Gegner gerne zurecht legte, ging es etwas ruhiger an. Felix hingegen legte wieder mal los wie die Feuerwehr und Frank, der Senior der Truppe, wusste genau wie er sein Rennen zu gestalten hat. Karl, den komischerweise nie einer auf der Strecke sah, schaffte es bei seiner ersten WM-Teilnahme tatsächlich mit Bändchen ins Ziel zu kommen. In einer Zeit von 51:09 min belegte er den 59. Platz in seiner AK. Alex, einer unserer Aushängeschilder, schluckte regelrecht jedes Hindernis.

Es ist immer wieder eine Augenweide, wie er Kraft und technische Raffinesse miteinander vereint. Als 7. Platz in seiner AK in einer Zeit von 29:18 min und mit allen 3 Bändchen kam Alex freudestrahlend und entspannt ins Ziel. Felix nahm die Hindernisse ziemlich sicher und musste nur eine Strafrunde zum Schluss absolvieren. Läuferisch reichte es am Ende für Platz 35 in 34:28 min. Auch hierfür zollt unser Respekt.

Frank Senior lag in der Mitte des Rennens im vorderen Feld. Doch dann nahm das Unheil seinen Lauf. Frank, der bis dahin noch alle 3 Bändchen hatte und sich gut fühlte, kam uns völlig aufgelöst und demotiviert entgegengelaufen. Was war passiert? Er berichtete uns noch während des Laufes, dass ein Marschall ihm alle 3 Bändchen auf einmal abgeschnitten hätte, obwohl er aus seiner Sicht keinen Fehler begannen hatte. Völlig neben sich und enttäuscht war das Rennen für ihn im Kopf beendet. Kurz vor dem Ziel dann das Unfassbare – ein Marschall, der dies mitbekommen hatte, kam zu Frank und erklärte ihm, dass ein Fehler vorlag und er somit noch die Möglichkeit erhielt, mit Bändchen ins Ziel zu kommen. Und das macht einen Sportler am Ende doch aus: eine 2. Chance zu bekommen, obwohl das Rennen eigentlich schon gelaufen war und es dennoch zu beenden. Im Ziel als 25. in 39:03 min angekommen, nach zwei zu absolvierenden Bierfass-Runden, wusste keiner von uns so recht was er sagen sollte. Völlig enttäuscht über dieses Rennen ging Frank erst einmal seiner Wege.

Nach einer kleinen Mittagspause war es dann für unseren jüngsten X-Runner soweit. Frankie Junior ging um 14:04 Uhr (AK 10-11), immer begleitet von Vater Frank, auf Reisen. Was geht wohl in so einem jungen Kopf so kurz vor dem Start vor? Bei Frankie, wie immer, sah man nur die Freude ins Gesicht geschrieben. Mit 9 weiteren ambitionierten Nachwuchsläufern in seinem Block machte er sich auf, das Abenteuer WM live miterleben zu dürfen. Doch viele Hindernisse bereiteten unseren Athleten Schwierigkeiten. Viele waren für ihn durch seine Größe unerreichbar, oder die Kraft reichte am Ende nicht mehr aus. Dann kam es, wie es kommen musste. Frankie am Ende eines Hindernisses, erreichte den Balken mit dem Fuß nicht und knallte mit dem Oberkörper voll auf eine Gerüststrebe. Eine Schrecksekunde für alle. Tränen flossen und alles tat ihm weh – Verständlich! Am nächsten Hindernis wollte Frankie dann aufgeben, da er kaum noch ein Bändchen hatte. Immer wieder flossen Tränen und Wut machte sich bei ihm breit. Doch Aufgeben ist bei den Hausmännern keine Option ! Ohne Bändchen, wie fast die Hälfte seiner AK, kam er in 31:59 min als 28. von 40 Gestarteten ins Ziel.

Alle ermutigten ihn im Ziel und man merkte es ihm an, dass er weiß, dass es am Ende an Größe und Armlänge fehlte, welche in den nächsten Jahren aber bestimmt noch zunehmen wird.

Den Schlusspunkt an diesem Tag setzte eindrucksvoll unser Shu – der, um es vorweg zunehmen, in der offen Klasse, wo er gestartet war, eigentlich nichts zu suchen hatte. Durch seine lange Verletzungspause konnte er erst ein halbes Jahr vor der WM wieder in den Trainingsbetrieb einsteigen. Deshalb gelang es ihm auch leider nicht, sich über ein Rennen im Vorfeld dafür zu qualifizieren. Darum blieb Shu nur die Möglichkeit an einem sogenannten „offen Rennen“ teilzunehmen. 15:15 Uhr ging er auf die Strecke, von seinem Trainingsrückstand war dabei nichts zu spüren. Er spulte sein Programm runter, wie ein alter Hase. Man merkte ihm an, dass es eine Erleichterung für ihn war, nach so langer Zeit einen Wettkampf zu bestreiten. Mit entspannter Miene und einem Lächeln auf den Lippen, kam er als alleiniger Führender mit 32:59 min ins Ziel. Alle beglückwünschten unseren X-Runner zu diesem gelungenen Einstand. Wäre er in seiner AK 35-39 gestartet, hätte es sogar für Platz 33 gereicht.

So ging für uns der 1. Wettkampftag mit Höhen und Tiefen zu Ende. Jeder brauchte jetzt etwas Zeit für sich. Shu und Ferry bezogen derweilen ihr neues Quartier im großen Loft. Währenddessen suchte Karl für einige Mitstreiter ein gemütliches Lokal mit leckerer Pizza.

Nach unterschiedlichen Stärkungsritualen ließ man den Tag bei etwas Wein und Bier Revue passieren.

Auf Episode 2, da folgt die 3…aber erst nächste Woche 😉