In diesem Jahr wurde die OCR Weltmeisterschaft nach Costa Rica vergeben, für uns Europäer nicht der nächstgelegene Spot. Damit ist das erste Hindernis im „wahrsten Sinne des OCR“ die Anreise zu diesem Event. Wir haben einige Sportler in unseren Reihen, welche die Qualifikationsnorm erreicht haben. Letztlich nimmt dann Frank Hausmann allein das Abenteuer in Angriff, dies auch mit recht kurzfristiger Entscheidung. Am Donnerstagmorgen (22. August) noch ein Familienfrühstück und dann ab zum Zug nach Erfurt, von dort weiter nach Frankfurt. Das ganze Reisegepäck ist ein Rucksack mit den Sport- und wenigen Wechselsachen, minimalistisch. Knapp 12 Stunden dauert dann der Direktflug nach San José, der Hauptstadt des Mittelamerikanischen Landes, auf über 1.000 Metern Höhe gelegen. Frank spricht eigentlich nur deutsch, aber (zu)texten kann er, gegebenenfalls mit Händen und Füßen unterstützt. Diese Gabe ist schon bei der Einreise ins Land sehr wichtig, nämlich das Visa in den Pass zu bekommen, auch ohne nachweisbare Hotelbuchung. Ein Taxi bringt Frank dann zum Estadio de San José, dem Nationalstadion und auch Zentrum für diese Weltmeisterschaften. Der nette Fahrer hilft dann unserem Athleten auch bei der Suche nach einem nahegelegenen, bezahlbaren Hotel. Gegen 20 Uhr Ortszeit (8 Stunden beträgt die Zeitverschiebung) ist er eingecheckt und hat damit für 2 Nächte eine Bleibe. Am nächsten Morgen ist Frank vermutlich der letzte Athlet, der seine Startunterlagen abholt. Dank Andreas Scholz (Scholli) ist er überhaupt auch für die Rennen mit allen nötigen Dokumenten angemeldet und hat zur Sicherheit auch alle Anmeldungsausdrucke mitbekommen. Bereits eine Stunde später, gegen 11 Uhr, geht es auf den 3 Kilometer Shortkurs, ohne vorherige Besichtigung der Hindernisse. Das Renngeschehen spielt sich im Nationalstadion ab. Es geht die Treppen hoch und runter. Immer wieder kommen die üblichen Hindernisse, die beim Hangeln auch einheimische Griffformen aufweisen, zum Beispiel „Bananen“. Frank liegt von Beginn sehr gut im Rennen, hält sich fast die gesamte Distanz auf Rang 2 auf. Dann wird ihm eine Banane zu schlüpfrig und damit zum Verhängnis, was ein Bändchen kostet, eine Strafrunde bedeutet und ihn noch auf Platz 3 zurückwirft. Nach 19min30Sekunden überquert er hinter zwei spanischen Athleten die Ziellinie, die er auch bereits von anderen Europäischen Wettkämpfen kennt. Das ist doch schon einmal ein Einstand nach Maß, treibt die positiven Gefühle nach oben. Von „dabei sein wollen“ auf einen Podestplatz in der Altersklasse M45 „hangeln“ ist schon sensationell. Da macht nun das Zuschauen bei den anderen Wettkämpfen umso mehr Spaß und dann natürlich auch die Siegerehrung.
Am Abend trifft er sich mit Jörg Eißmann und dessen Frau zum Abendessen in einem kleinen italienischen Hotel/Restaurant mit einem netten amerikanischen Gastgeber. Jörg, der Sportskamerad aus dem Sächsischen, mit dem auch schon ein paar Mal trainiert wurde, ist Weltmeister in seiner Altersklasse (M50) geworden.
Tag 2: Samstag, der 24. August
Lange Ausschlafen ist nicht. Zeitig bringen Shuttlebusse die Athleten ca. 1 Stunde außerhalb auf das Gelände einer Kaffeeplantage (Doka Estate), direkt vom Regenwald umgeben und auf etwa 1.500 Meter Höhe gelegen. Frank sein Altersklassenstart (M45) ist wieder gegen 11 Uhr. Die 15 Kilometer verlaufen weitestgehend im Regenwald auf dem natürlichen Boden. Beeindruckend sind die Blüten und das laute Gekrächze der einheimischen Vögel. Es geht auch hier durch einen langen Bachlauf (kennt man auch in Europa), doch die Luftfeuchte ist sehr hoch und Herausforderung.Das macht es an den Hindernissen umso schwieriger und die starken einheimischen Athleten (aus Mittel-/Südamerika) haben da natürlich Vorteile. An Griffformen gibt es wieder Bananen, aber auch Kaffeebohnen und Maiskolben, alles sehr abwechslungsreich. Gefühlt sind die Hindernisse länger, aber das mag täuschen. Getragen von der Euphorie des Vortages, den Farben und Geräuschen, den Anfeuerungen des deutschen Teams an der Strecke gelingt Frank heute noch die Steigerung: er kommt nach 1h23m46s auf Platz 2 ins Ziel, was für ein Erfolg. Dabei lässt Frank auch etliche Athleten hinter sich, die im Vorjahr in Europa vor ihm rangierten. Leider kann er dieses grandiose Abschneiden jetzt gar nicht mehr so richtig auskosten. Er muss schauen, wie er mit dem nächsten Shuttle zurück nach San José kommt. In wenigen Stunden startet bereits sein Rückflug. Damit entfällt auch die Teilnahme an der Siegerehrung. Die Medaille wird ihm der Sportsfreund Eißmann mitbringen (der heute erneut Gold abgeräumt hat).
Um 19 Uhr (Ortszeit) besteigt er als doppelter Medaillengewinner und stolz wie Bolle die Lufthansamaschine mit derselben Crew wie beim Hinflug. Es ist ein herzlicher Empfang, wo sogar ein extra Sekt gereicht und auf die Medaille(n) angestoßen wird (zeigen kann er zu diesem ja „nur“ die bronzene). Frank unterhält auch auf dem Rückflug die Mitreisenden um sich herum, jetzt aber in der Gewissheit, mehr als jemals gedacht oder erwartet erreicht zu haben. Das wird dauern, bis das alles verarbeitet ist. Irgendwann schläft er dann auch noch 2-3 Stunden und der Flieger landet bereits in Frankfurt. Als seine Familie und einige Wegbegleiter ihn am Sonntagabend an Bahnhof in Jena in Empfang nehmen, fließen schon viele Freudentränen. Natürlich hatten alle das Geschehen Live verfolgt, soweit wie möglich. Die Emotionen kommen aber jetzt beim Wiedersehen so richtig hoch. Was in dreieinhalb Tagen so alle passieren kann, muss trotzdem noch etwas verarbeitet werden.
Mit ein paar Wochen Abstand reflektiert Frank, dass wohl alles extrem gut zusammengepasst hat. Wahrscheinlich hat auch geholfen, gar nicht so viel nachzudenken, wie sonst vor Wettkämpfen. Der feste Glaube, dass sich beim Event mit dem Drumherum alles fügen wird und der absolute Fokus waren wohl die entscheidenden Faktoren. Was aber neben dem Sport auch für immer in Erinnerung bleibt, dieses Mittelamerikanische Land mit den offenen und hilfsbereiten Menschen und die Eindrücke vom Regenwald. „Irgendwie ist es der Trip meines Lebens“.
Ganz herzlichen Glückwunsch Frank für diese herausragende Leistung!